07.09.2022: Gegen US-Kriegsspiele (Tageszeitung junge Welt)

2022-09-18 03:42:54 By : Mr. JC Chan

Die Annäherung zwischen Seoul und Pjöngjang ist längst vergessen. Vor vier Jahren waren Süd- und Nordkorea zu einem Gipfeltreffen zusammen, auch ein Militärabkommen wurde geschlossen, dessen ehrgeiziges Ziel ein Ende der Feindseligkeiten war. Nun, vom 22. August bis zum 1. September, übte Südkorea gemeinsam mit den USA elf Tage lang einen militärischen Ernstfall gegen Nordkorea unter dem Namen »Ulchi Freedom Shield«. Das größte Kriegsmanöver seit Jahren endete mit einem simulierten Angriff auf die Demokratische Volksrepublik Korea im Norden.

Dass die konservative Regierung, die seit Mai in Seoul regiert, mit den gemachten Verabredungen bricht, brachte bereits am 13. August Tausende auf die Straßen der südkoreanischen Hauptstadt. Zum Anlass wurde der Tag der Befreiung zwei Tage später genommen, an dem in Korea das Ende der japanischen Besatzung vor 77 Jahren gefeiert wird. Gleichzeitig markiert das Datum auch die Teilung der Halbinsel, die bis heute von Südkorea aufrechterhalten wird. Trotz schlechten Wetters und des verlängerten Wochenendes protestierten rund 6.000 Menschen gegen die Militärübung mit den USA. Kritisiert wurde, dass der südliche Teil der Halbinsel zum Aufmarschgebiet Washingtons wird, das dort 28.500 Soldaten stationiert hat.

Die Demonstration, die vom Hauptbahnhof bis zum neuen Amtssitz des Präsidenten Yoon Suk Yeol ging, war von einem extra zu diesem Zweck gegründeten Bündnis organisiert worden – dem »August–15–Komitee für eine unabhängige friedliche Wiedervereinigung«. Insgesamt 91 Gruppen fanden sich dafür zusammen, von sehr großen Verbänden bis zu kleineren NGOs. Darunter das »Komitee zur Umsetzung der Erklärung des 15. Juni«, eine der wichtigsten Organisationen, die sich für die innerkoreanischen Beziehungen engagieren. Seit dem ersten Gipfeltreffen zwischen Seoul und Pjöngjang im Jahr 2000 setzt es sich für die Umsetzung der damals beschlossenen Erklärung ein, die beispielsweise eine wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie mehr Austausch zwischen den Koreanern auf beiden Seiten der Grenze vorsah. Nachdem die Konservativen ab 2008 in Seoul wieder das Ruder übernommen hatten, wurde das Vereinbarte Stück für Stück wieder auf Null zurückgefahren.

Auch die beiden landesweiten Gewerkschaftsverbände beteiligten sich an der Demonstration. Sie setzen sich für eine Annäherung zwischen Seoul und Pjöngjang ein, die Forderung nach einem Ende der Militärmanöver sind nur ein kleiner Teil davon. Der linke Dachverband Korean Confederation of Trade Unions hingegen ist deutlich aktiver und hielt vor der Demo eine separate Versammlung ab. Auf der wurde auch ein Grußwort der nordkoreanischen Landesgewerkschaft verlesen, in dem die Militärmanöver scharf verurteilt wurden.

Als einzige Partei war die kleine Progressive Party auf der Demonstration vertreten. 2017 gegründet, trat sie praktisch die Nachfolge der Demokratischen Arbeiterpartei an, die 2004 als erste linke Kraft Sitze im südkoreanischen Parlament gewinnen konnte. 2014 wurde die Partei jedoch wegen »Verschwörung« verboten. So verlor auch Kim Jae Yeon, die jetzige Vorsitzende der Progressive Party, ihren Sitz im Parlament. Zur Begründung für das Verbot musste ein als »nordkoreafreundlich« eingeschätzter Scherz herhalten: Auf einer Versammlung hatte ein Parteimitglied mit einem Augenzwinkern gemeint, man könne im Kriegsfall ja südkoreanische Infrastruktur lahmlegen.

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